Hilde Meisel (1914–1945)

Hilde Meisel ist eine der vielen weitgehend in Vergessenheit geratenen Frauen, die ihr Leben ganz dem Kampf gegen das Nazi-Regime verschrieben hatten. Was von ihrem kurzen Leben bekannt ist, gibt der Inschrift ihres Grabsteins – „Sie lebte und starb im Dienste der sozialistischen Idee“ – recht: Sie leistete Kurierdienste, schmuggelte Literatur und Informationen, leistete Fluchthilfe, schrieb mehrere Bücher und unterstützte alliierte Geheimdienste im Kampf gegen die Nazis.

Frühes Engagement im Internationalen Sozialistischen Kampfbund

Hilde Meisel wurde am 31. Juli 1914 in Wien geboren. Bereits ein Jahr später zog ihre bürgerlich-jüdische Familie von Wien nach Berlin, wo Hilde bereits im Alter von 15 Jahren dem „Internationalen Sozialistischen Kampfbund“ (ISK) beitrat. Von ausgeschlossenen SPD-Mitgliedern 1925 gegründet, war diese Gruppierung aktiv im Kampf gegen den Nationalsozialismus. So veröffentlichte der ISK zur Reichstagswahl von Juli 1932 den „Dringenden Appell“, in dem zum Zusammengehen von SPD und KPD aufgerufen wurde. Unterzeichnet hatten ihn unter anderem Käthe Kollwitz, Erich Kästner, Heinrich Mann, Ernst Toller, Arnold Zweig und Albert Einstein.

Hilde Meisel war 1932 für das ISK-Organ „Der Funke“ als Korrespondentin in Paris tätig; sie schrieb unter anderem Artikel über die ökonomischen Probleme Frankreichs, Englands und Spaniens. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten konnte sie während ihres Studienaufenthaltes an der London School of Economics noch lange unauffällig zwischen London und Berlin pendeln. So pflegte sie weiterhin intensiven Kontakt zu politischen Freunden und Freundinnen und half dabei, Aktionen des ArbeiterInnenwiderstands zu organisieren. 1938 beteiligte sie sich intensiv an der Rettungsaktion für den Strafverteidiger Hans Litten, der in „Schutzhaft” genommen und in mehreren Konzentrationslagern fürchterlichen Folterungen unterzogen worden war. Ihr Solidaritätsaufruf unter dem Titel „The Tragic Case of Hans Litten“ blieb erfolglos: Am 5. Februar 1938 erhängte sich Hans Litten – um weiteren Folterungen zu entgehen – im KZ Dachau.

Ihr wissenschaftliches Hauptinteresse: Im besiegten Deutschland die Fehler der Weimarer Republik zu verhindern

Im selben Jahr ging Hilde Meisel zur Erlangung der britischen Staatsbürgerschaft eine Scheinehe mit John Olday ein, verwendete aber auch danach meist ihr Pseudonym Hilda Monte. Unter diesem Namen veröffentlichte sie Gedichte und Novellen und zusammen mit Fritz Eberhard mehrere Bücher (unter anderem 1940 „How to conquer Hitler“), hielt Vorträge und verfasste Zeitungs- und für deutsche Hörer ausgestrahlte Radiobeiträge. Dabei gehörte ihr Hauptinteresse der Frage, wie Deutschland nach einer Niederlage des NS-Regime human und gerecht wiedererrichtet und die Fehler der Weimarer Republik verhindert werden könnten. Ihre Gedanken dazu legte sie in ihrem 1943 erschienenen Buch „The Unity of Europe“ nieder.

Sie lebte und starb im Dienste der sozialistischen Idee

Hilde Meisels Grab in Feldkirch, Foto: © Sabine Bade

1944 ging sie im Auftrag des amerikanischen Geheimdienstes OSS und österreichischer Sozialisten ins besetzte Frankreich, dann in die Schweiz und gelangte Anfang April 1945 unter dem Decknamen Eva Schneider illegal nach Österreich, um Kontakt mit Sozialisten in Vorarlberg für ein Infiltrationsvorhaben herzustellen. Nach Abschluss ihrer Mission versuchte sie am 17. April 1945 oberhalb von Tisis über Liechtenstein zurück in die Schweiz zu flüchten. Nahe der Grenze wurde sie von Grenzwächtern aufgegriffen und beim Versuch zu fliehen angeschossen. Wenig später erlag Hilde Meisel, kaum mehr als zwei Wochen bevor französische Truppen Feldkirch erreichen und der Krieg im Rheintal beendet war, ihren Verletzungen.
Mit dem Geld, das sie bei sich trug, bezahlte das Landratsamt die Bestattungskosten auf dem evangelischen Friedhof Feldkirch. Österreichische Sozialisten setzen darauf den Stein mit der Inschrift:
„Hier ruht unsere unvergessliche Genossin Hilde Monte-Olday. Geb. 31.7.1914 in Wien. Gest. 17.4.1945 in Feldkirch. Sie lebte und starb im Dienste der sozialistischen Idee“.


Außer ihrem Grab in Feldkirch erinnert das Jüdische Museum in Hohenems mit einigen Exponaten an Hilde Meisel; sie gehört auch zu jenen Menschen, die in Bregenz am dortigen Widerstands- und Deserteursdenkmal geehrt werden. Und auch auf dem hundert Kilometer langen Gedenkweg „Über die Grenze“ des Jüdischen Museums Hohenems ist Hilde Meisel eine Station gewidmet.

Foto: © Sabine Bade
Scroll Up