„Wenn sie mich verhaften, fürchte ich nie, etwas zu verraten. Wenn ich durch diese Türen gehe, verliere ich mein Gedächtnis, mein Gehör, meine Sprache und mein Schmerzempfinden.” Elektra Apostolou wusste, wovon sie sprach: Sie wurde im Laufe ihres kurzen Lebens sehr oft verhaftet, und immer wieder versuchte man, ihr Geständnisse abzupressen – vergeblich.
Zur Welt kam sie 1912 in Neo Iraklio, einem Vorort von Athen. Obwohl selbst in gutbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen, fiel ihr die klaffende Schere zwischen Arm und Reich im Athen der 1920er-Jahre früh auf. Der Kampf gegen die Ungleichverteilung des Wohlstands sollte ihr gesamtes Leben bestimmen.
Mit dreizehn Jahren trat Elektra der OKNE bei, der Kommunistischen Jugend Griechenlands. Ihr Bruder Lefteris war damals fünfundzwanzig und ein hoher Kader dieser Organisation (im Widerstand gegen die diktatorischen Regime Griechenlands und die deutsche Besatzung wurde er später einer der bekanntesten Vertreter der Kommunistischen Partei Griechenlands).
1930 heiratete sie und unterlag damit nicht mehr den Restriktionen ihres bürgerlichen Elternhauses. Sie begann, sich in der Bewegung der Fabrikarbeiterinnen zu engagieren, organisierte in Athen und Piräus unter anderem Streiks in Textil- und Tabakfabriken, bei denen es um gleichen Lohn für gleiche Arbeit und kürzere Arbeitszeiten ging. Ab 1932 gehörte sie der Leitung der kommunistischen Jugendorganisation OKNE an und nahm in dieser Funktion zusammen mit ihrer Freundin Dido Sotiriou 1934 in Paris am internationalen Frauenkongress gegen Krieg und Faschismus teil.
Langjährige Haft und Verbannung unter Metaxas
Als Ioannis Metaxas am 4. August 1936 an die Macht kam und noch am selben Tag Parlament und Verfassung außer Kraft setzte, gehörte Elektra zu den ersten Personen, die verhaftet wurden. Schon zuvor war sie wegen Anstiftung zu Demonstrationen und Streiks sowie öffentlicher Kritik am gesellschaftlichen System mehrmals verhaftet worden. Diesmal aber musste sie eine mehrjährige Strafe im berüchtigten Averoff-Gefängnis verbüßen. Den Aufenthalt dort nutzte sie zur politischen Agitation, und half den mit ihr eingekerkerten Frauen beim Aufbau von Kommunikationsnetzwerken, bis sie – inzwischen ernsthaft erkrankt – vorzeitig entlassen wurde. Bereits 1939 wurde sie, obwohl im neunten Monat schwanger, wieder verhaftet und anschließend mit dem Baby, einem Mädchen, auf die Kykladen-Insel Anafi verbannt. Im September 1942 gelang ihr während eines Krankenhausaufenthaltes die Flucht; sie gab ihre Tochter Athener Freunden in Obhut und schloss sich sofort dem klandestinen Kampf gegen die deutschen Besatzungskräfte an, die seit ihrem völkerrechtswidrigen Überfall am 6. April 1941 Griechenland okkupierten.
„Ich bin Griechin. Ich lebe in Griechenland. Ich diene dem griechischen Volk.”

Der deutsche Terror hatte zur Gründung diverser Widerstandszirkel und -organisationen geführt: Im September 1941 entstand die Nationale Befreiungsfront EAM (Ethniko Apelevtherotiko Metopo) und kein halbes Jahr später die griechische Volksbefreiungsarmee ELAS (Ellinikos Laikos Apelevtherotikos Stratos). Als sich im Februar 1943 die OKNE mit weiteren Jugendverbänden zur Vereinigten Panhellenischen Jugendorganisation EPON (Eniaia Panelladiki Organosi Neon) zusammenschloss, arbeitete Elektra in deren Zentralrat mit.
Am 23. Juli 1944 wurde sie in Athen verhaftet und in das Hotel Crystal am Viktoria-Platz, eines der berüchtigten Verhörzentren der SS, gebracht. Sie gab keinerlei Informationen preis, außer: „Ich bin Griechin. Ich lebe in Griechenland. Ich diene dem griechischen Volk.” Drei Tage später, am Morgen des 26. Juli 1944, warfen die Folterer Elektra aus einem Fenster des Hauses. Der später von der Kommunistischen Partei veröffentlichte Bericht des Leichenbestatters, benennt eine große Anzahl Verletzungen, die belegen, dass Elektra vor ihrem Tod bestialisch gefoltert worden war.
Im Jahr 1961 schrieb Dido Sotiriou ‚Elektra‘, die fiktionale Biografie ihrer Freundin. Das Buch wurde 2014 neu aufgelegt, aber leider nie ins Deutsche übersetzt. Die Kommunistische Partei Griechenlands hält das Andenken an Elektra Apostolou sehr hoch: Kein Todestag vergeht ohne eine Gedenkveranstaltung an ihrer Statue, die im Athener Vorort Neo Iraklio vor dem nach ihr benannten Bürgerzentrum steht.