Allegra Felous-Kapeta (1916–2011)

 

Allegra Kapeta

Allegra Felous war eine von circa 650 Jüdinnen und Juden, die sich aktiv am griechischen Widerstand gegen das deutsche Besatzungsregime beteiligten. Dessen Rassenwahn fielen annähernd 60.000 jüdische Frauen, Männer und Kinder zum Opfer. Ihr politisches Engagement begann jedoch bereits viel früher bei der Kommunistischen Jugend Griechenlands.

Als KKE-Mitglied im Kampf gegen die Metaxas-Diktatur verbannt

Die 1916 in Trikala in der Region Thessalien geborene Allegra Felous stammte aus einer jüdischen, der kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) nahestehenden Familie. Nach massiven Demonstrationen der Farmarbeiter, die ihr Onkel Rafael Felous 1925 als Sekretär der örtlichen KKE organisiert hatte, musste die gesamte Familie in die Hafenstadt Volos flüchten. Schon früh schloss sich Allegra dort der Kommunistischen Jugend Griechenlands (OKNE) an.
Mittlerweile mit dem Geschäftsmann Raphael Kapetas verheiratet, wurde sie wie auch andere prominente KKE-Mitglieder während der Metaxas-Diktatur auf die Kykladeninseln Kimolos und Folegandros verbannt. Das kurzzeitige Machtvakuum, das 1941 zwischen dem Zusammenbruch der griechischen Front nach dem deutschen Überfall auf Griechenland und der Installierung der ersten griechischen Kollaborationsregierung unter Georgios Tsolakoglou entstanden war, konnte von circa 200 politischen Häftlingen verschiedener Gefängnisse erfolgreich zur Flucht genutzt werden. Mitte Mai 1941 trafen Allegra Felous und weitere vorher auf Kimolos und Folegandros inhaftierte Frauen und Männer in Athen ein und gründeten sofort ein Komitee, dessen Aufgabe die Reorganisation der Partei war.

Während der deutschen Besatzung aktiv beim „Roten Kreuzes der Resistance“

Nach der Gründung der Nationalen Befreiungsfront (Ethniko Apelevtherotiko Metopo,EAM) im September 1941 entsandte die Partei sie in ihre Heimatstadt Trikala, um von dort aus die EAM in Thessalien aufzubauen. Dort lag ein Schwerpunkt ihrer Arbeit bei der Unterstützung des von Dionysia Papadomichelaki mitbegründeten Hilfswerks Nationale Solidarität (EA), des „Roten Kreuzes der Resistance“. Dieses Unterstützungsnetz sammelte Geld und baute davon Volksküchen auf. Nach Demonstrationen gegen die Besatzer übernahm es die Versorgung der Verwundeten und Bergung der Toten. Ihre meist weiblichen Mitglieder beschafften Nahrung und Unterkunftsmöglichkeiten für diejenigen, die sich vor den Besatzern im Untergrund verstecken mussten. Sie unterstützten Angehörige von Verhafteten oder im Zuge von deutschen „Vergeltungsmaßnahmen“ Exekutierten und sorgten dafür, dass niedergebrannte Dörfer wieder aufgebaut werden konnten. Außerdem gründeten sie in den befreiten und teilweise sogar in den besetzten Gebieten eine große Anzahl von Volkskrankenhäusern und Apotheken, Untersuchungspraxen und viele gemeinnützige Einrichtungen.

Die Rettung der Jüdinnen und Juden aus Volos

Einen eminent wichtigen Beitrag leisteten die Frauen und Männer der Nationalen Befreiungsfront in Thessalien bei der Rettung der Jüdinnen und Juden aus Volos. Schon 1941 hatte das Sonderkommando des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg, das in Griechenland Datenmaterial für die geplanten Deportationen zur „Endlösung der Judenfrage“ sammelte, den mangelnden Antisemitismus im Land beklagt. Dass die Deportationen in die Vernichtungslager nicht sofort begannen, war aber vor allem Mussolinis Hinhaltestrategie geschuldet. Das besiegte Griechenland war zwischen dem Deutschen Reich, Italien und Bulgarien in drei Besatzungszonen aufgeteilt worden und Italien die zumindest formale Vorherrschaft zugestanden worden. Mussolinis Haltung zur „Judenfrage“ ermöglichte zwar Schikanen aller Art, blockierte aber Deportationen der jüdischen Bevölkerung aus dem italienischen Besatzungsbereich. Und da auf Wunsch des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) die geplante „Endlösung“ in einem möglichst konzertierten Vorgehen in allen Landesteilen Griechenlands vor sich gehen sollte, stellten die Deutschen Deportationen auch aus ihrem eigenen Machtbereich zunächst zurück. Bis sie im März 1943 dann doch mit den Deportationen aus der deutschen und bulgarischen Besatzungszone begannen und allein aus Thessaloniki bis August 1943 insgesamt 18 Deportationszüge mit über 45.000 Männern, Frauen und Kindern auch aus Florina, Veria, Demotika, Nea Orestia und Soufli in Richtung Auschwitz-Birkenau rollten.

Wer auch immer die Möglichkeit dazu hatte, setzte sich daraufhin aus der deutschen und bulgarischen in die italienische Besatzungszone ab, die für Jüdinnen und Juden (noch) Asylcharakter hatte. Die Fluchthilfe musste nach der Kapitulation Italiens im September 1943 noch weiter intensiviert werden.

Schon Ende September 1943 verlangte der deutsche Kommandant von Volos vom dortigen Oberrabiner Mosche Pessach das Namensregister der Jüdischen Gemeinde. Mosche Pessach folgte dieser Aufforderung jedoch nicht, wandte sich sofort an den Bürgermeister, den Präfekten und den griechisch-orthodoxen Erzbischof Joachim Alexopoulos und leitete damit die Rettungsaktion ein, die daraufhin von der EAM/ELAS ausgeführt wurde: Fast alle Jüdinnen und Juden aus Volos – so auch Mosche Pessach – brachten die ELAS-Partisanen innerhalb weniger Tage in das nahegelegene Piliongebirge, wo sie in Orten des ELAS-kontrollierten Freien Griechenlands Aufnahme fanden. Viele von ihnen schlossen sich auf Rat des „Partisanenrabbi“ Mosche Pessach auch selbst dem Widerstand an. Wie erfolgreich diese Fluchthilfe in Volos war, belegen die nach Ende der deutschen Besatzung erhobenen Zahlen: Von den knapp 900 Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde konnten nur jene 130 Männer und Frauen nicht gerettet werden, die später wieder in die Stadt zurückkehrten.

Hochgeachtet von KommunistInnen und jüdischen Gemeinden

Allegra Felous ging nach der dort geleisteten Arbeit und dem Abzug der deutschen Besatzungstruppen vom griechischen Festland im Herbst 1944 nach Athen, wo sie 1945 auf dem VII. Parteitag der KKE in dessen Zentralkomitee gewählt wurde. Im selben Jahr heiratete sie den Arzt Takis Skyftis aus Volos, der als Chirurg in einer ELAS-Division arbeitete. Um dem rechtsradikalen Terror zu entgehen, setzten sich beide danach in die Berge ab. Während des Griechischen Bürgerkrieges war sie Frauenbeauftragte und Politkommissarin in der von der KKE aufgestellten Demokratischen Armee Griechenlands (DSE). Nach dem diese vernichtend geschlagen worden war, gelang ihr 1949 die Flucht über Albanien in die DDR. Erst nach dem Sturz der griechischen Militärdiktatur konnte sie 1974 in ihre Heimat zurückkehren. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2011 blieb sie politisch aktiv.

Das Andenken an sie bewahrt nicht nur die KKE. Auch die jüdischen Gemeinden Griechenlands erinnern noch heute an ihren Einsatz, obwohl sie, um Takis Skyftis heiraten zu können, zum griechisch-orthodoxen Glauben konvertierte.

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