Antonija Čeč (1896-1943)

Antonija Cec

Die gequälte Frau, die an einem Novembertag des Jahres 1942 zusammen mit zwölf Leidensgefährten aus dem Gefängnis Stari Pisker (dem ‚Alten Topf’) durch die Straßen der slowenischen Kleinstadt Celje getrieben wurde, trug ein Pappschild vor der Brust. „Ich bin das Flintenweib ‚Rosa’ Tschetsch Antonia und Urheberin zahlreicher Morde und Mordanschläge“, war darauf zu lesen.

Derartige öffentliche Demütigungen von slowenischen Gefangenen waren nichts Neues in Celje, das nach dem deutschen Überfall auf Jugoslawien am 6. April 1941 dem deutschen „Chef der Zivilverwaltung in der Untersteiermark“, Reichsstatthalter und Gauleiter der NSDAP für den Gau Steiermark Sigfried Uiberreither, unterstellt wurde. „Machen Sie mir das Land wieder deutsch“, hatte Adolf Hitler bei einem Kurzaufenthalt in Maribor drei Wochen später gefordert. Über 580.000 Menschen, mehr als 70% der Bevölkerung aus den von Deutschland besetzten Gebieten, wurden rassenbiologisch erfasst und in „eindeutschungsfähig“ und „nichteindeutschungsfähig“ unterschieden. Die slowenische Sprache wurde verboten, Städte und Dörfer erhielten deutsche Namen. Die systematische Germanisierungspolitik der Nazis war von Vertreibungen, Verschleppungen in Konzentrationslager, Geiselerschießungen und Zwangsarbeit gekennzeichnet. Männer und Frauen, die im Verdacht standen, dem Widerstand gegen die deutsche Terrorherrschaft anzugehören oder mit deren Ideen auch nur zu sympathisieren, wurden nach ihrer Verhaftung nicht selten öffentlich vorgeführt, bevor sie entweder gleich an Ort und Stelle hingerichtet oder in deutsche Konzentrationslager deportiert wurden. Allein im Hof des Gefängnisses Stari Pisker waren bis Mitte August 1942 bei Massenhinrichtungen 374 Menschen, 325 Männer und 49 Frauen, ermordet worden.

Antonija Čeč war aktiv in der ArbeiterInnenbewegung …

Wer aber war nun diese Frau, die sich selbst – von vorher erlittenen Folterungen schwer gezeichnet – als „Flintenweib“ und Urheberin zahlreicher Morde und Mordanschläge bezichtigen musste?

Antonija Čeč, auch Tončka genannt, wurde am 10. Mai 1896 in Trbovlje, einem Braunkohlerevier circa 30 Kilometer südwestlich von Celje, geboren. Nach ihrem Schulabschluss absolvierte sie 1918 in Graz Kurse in Stenographie und Maschineschreiben und arbeitete für dieUnion slowenischer Bergleute. 1919 trat sie der Sozialistischen Arbeiterpartei Jugoslawiens, nach deren Spaltung 1920 der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) bei. Beim Gründungskongress der KPJ für Slowenien im April 1920 wurde sie zu deren Sekretärin gewählt. Im Zuge eines Streiks, bei dem Bergarbeiter Gemeindeverwaltung, Post, Gendarmerie und Bahnhof besetzten und die „Trboveljer Kommune“ ausriefen, wurde Antonija Čeč zum ersten Mal verhaftet.

Ihre politische Tätigkeit betraf alle Bereiche: Sie versah administrative Tätigkeiten für die Zweigstelle des Verbands der Bergarbeiter Jugoslawiens in Trbovlje, agitierte auf Versammlungen der Bergarbeiter, und in der Führung der lokalen Organisation der KPJ war sie für die Jugend- und Frauenbewegung zuständig. Im Dezember 1920 leitete sie das Gründungstreffen der Frauensektion der KPJ für Slowenien.

Ihre Arbeit während der großen Bergarbeiterstreiks, in der Gewerkschaft und im Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen, ab 1924 in Ljubljana, wurde lediglich von vielen Verhaftungen und Gefängnisaufenthalten unterbrochen.

Im August 1927 entsandte die Partei Tončka in die Sowjetunion, wo sie von 1927 bis 1930 in Moskau die kommunistische Universität der nationalen Minderheiten des Westens besuchte. Nach Ende ihres Studiums unterrichtete sie dort eine Zeitlang dialektischen Materialismus. Auf Verlangen der Partei kehrte sie im Mai 1937 in ihre Heimat zurück und entging damit den Stalinschen Säuberungen.

und im Widerstand gegen die deutsche Besatzung

Zurück in Trbovlje vorrangig mit der politischen Schulung von jungen Parteimitgliedern befasst, unterstützte Antonija unmittelbar nach dem deutschen Überfall auf Jugoslawien den Aufbau der slowenischen Befreiungsfront (Osvobodilna fronta, OF) und schloss sich noch am Tag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion einer ersten im Entstehen begriffenen Partisanengruppe in Trbovlje an.

Wieder war sie für die politische Schulung zuständig und rief darüberhinaus im Kreis Celje eine Reihe von Organisationen der slowenischen Befreiungsfront ins Leben. An Kampfhandlungen war sie nicht beteiligt. Dass sie, die später als „Flintenweib“ bezeichnet wurde, im Laufe ihres Lebens auch nur einen einzigen Schuss abgefeuert hätte, ist nicht überliefert.

Als „Flintenweib“ nach Auschwitz deportiert

Antonija Cec
Antonija Cec ganz rechts mit dem Schild „„Ich bin das Flintenweib ‚Rosa’ Tschetsch Antonia und Urheberin zahlreicher Morde und Mordanschläge“

Bei einem Angriff auf eine Partisanenabteilung, bei der sie sich gerade aufhielt, wurde sie im August 1942 verwundet, konnte aber noch entkommen. Kurz darauf wurde sie aber gefasst und in das Gefängnis Stari Pisker in Celje gebracht. Nach schweren Folterungen trieb man sie am 15. November 1942 zusammen mit zwölf gefangengenommenen Partisanen durch die Gassen von Celje und stellte sie anschließend vor dem slowenischen Vereinshaus (Narodni dom) an die Wand, wo sie öffentlich geschmäht und – mit dem Selbstbezichtigungschild vor der Brust – fotografiert wurde. Ihre Deportation in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau erfolgte im April 1943. Nachdem sie dort im Herbst desselben Jahres an Typhus erkrankte, starb sie am 3. November 1943.

Erinnerungen an Antonija Čeč, die 1953 unter Tito posthum mit dem ‚Orden des Volkshelden’ ausgezeichnet wurde, finden sich noch in ihrem Heimatort Trbovlje. Dort wurden eine Grundschule und eine Straße nach ihr benannt. Auf dem Theaterplatz in Celje gehört ihr reliefartiges Abbild zu den Figuren, mit denen der Bildhauer Jakob Savinšek 1958 das Denkmal des Volksbefreiungskampfes ‚Krieg und Frieden’ gestaltet hat. Eine Kopie ihres Reliefs befindet sich auch in dem kleinen Museum, das im Gefängnis Stari Pisker an die Schrecken der deutschen Besatzungsherrschaft erinnert.

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